Sience Fiction Kurz Geschichte by Ralf Christoph Kaiser: "Die Erforschung von XEros 03" November 2025 auf deutsch, englisch, französisch und spanisch
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Die Erforschung von XEros03

Kurzgeschichte by Ralf Christoph Kaiser November 2025


Als Leon Hartmann in dieser Nacht das Dachfenster seiner Altbauwohnung öffnete, atmete die Stadt tief unter ihm. Ein letzter U-Bahnzug rumpelte über die Brücke, irgendwo klapperte Geschirr, dann wurde es still. Über ihm spannte sich der Himmel, klarer als an den meisten Abenden des Jahres 2096. Die Lichtkuppeln um die Metropolen waren inzwischen so gut geregelt, dass man die Sterne wieder sehen konnte – wenn man wusste, wann und wo.

Leon wusste es.

Er trat vorsichtig um das Stativ herum, streifte liebevoll über den mattschwarzen Tubus seines Teleskops und kontrollierte automatisch die Klemmen. Daneben blinkten die Displays seiner Kamera und des Spektrografen im leisen Rhythmus. Er war promovierter Physiker, ausgebildeter Fotograf und seit seiner Kindheit besessener Hobby-Astronom. Die Kombination aus all dem hatte ihn schon oft Nächte und Jobs gekostet – aber sie war auch der Grund, warum er jetzt hier stand, mit klopfendem Herzen, den Blick auf ein winziges Stück des Sternenhimmels gerichtet.

Perseus stand hoch im Zenit, ein vertraiges, gezacktes Muster aus Lichtpunkten. Leon zoomte vorsichtig nach, bis der Stern auf dem Bildschirm erschien, den er seit Wochen im Auge hatte.

Miram. η Persei. Ein leuchtkräftiger Überriese, ungefähr tausend Lichtjahre entfernt, wenn man den Gaia-Daten glauben durfte. Leon glaubte ihnen. Aber noch mehr glaubte er seinen eigenen Augen.

Na, alter Riese“, murmelte er und zog die Fokusfeinjustierung um einen Hauch. „Zeig mir, was in dir steckt.“

Der Stern leuchtete in einem warmen Orange, wie immer – und doch… nicht wie immer. Leon verengte die Augen. Auf dem Livebild flackerte etwas. Nicht nur das übliche atmosphärische Funkeln. Es war… rhythmischer. Ein leichtes, unregelmäßiges Blinken, das eher an das Glimmen einer sterbenden Glut erinnerte.

Er checkte die Einstellungen. Belichtungszeit, ISO, Gain. Alles korrekt.

Vielleicht ein Fehler in der Software“, murmelte er, doch seine Stimme klang nicht überzeugt. Er startete eine Serie schneller Aufnahmen und ließ parallel das Spektrum mitlaufen. Zahlenkolonnen liefen über das Display.

Die vertraute Aufregung kroch ihm in den Nacken. Wenn ein Überriese seine Farbe und Helligkeit so veränderte, hieß das meistens, dass sich in seinem Inneren etwas Gewaltiges tat: Abkühlung, strukturelle Veränderungen, vielleicht der Beginn eines Endstadiums, das in kosmischen Maßstäben spektakulär, für Menschen aber unvorstellbar langsam ablief.

Leon beugte sich vor. Im Spektrum verschoben sich schwach einige Linien. Die Orangefärbung nahm zu, ein Hinweis auf eine sinkende Oberflächentemperatur.

Du wirst alt“, flüsterte er. „Und wenn du alt genug bist…“

Seine Gedanken sprangen. Alt genug bedeutete auch: friedlicher. Weniger harte Strahlung, weniger zerstörerische Ausbrüche. Und in der langen Beruhigungsphase, bevor ein solcher Stern endgültig verglühte, konnten sich manchmal Dinge ausbilden, die man sich vor wenigen Jahrzehnten nur in Romanen erträumt hatte: stabile planetare Systeme mit Zonen, in denen ein Planet existieren konnte, der… erdähnlich war.

Er griff nach der Tasse Kaffee, fand sie leer und lachte leise.

Natürlich“, murmelte er. „Genau heute.“

Er startete die adaptive Optik seines Systems. Die Software korrigierte in Echtzeit das Flimmern der Erdatmosphäre. Das Bild wurde ruhiger, schärfer. Immer noch war Miram nur ein Punkt – aber um den Punkt herum, in dem dunklen Schwarz, das nie ganz schwarz war, konnte man, mit Geschick und Bildverarbeitung, manchmal mehr sehen, als bloße Augen es je könnten.

Leon setzte die Subtraktionsmaske. Er ließ das Licht des Sterns herausrechnen, Pixel für Pixel. Ein digitaler Tanz aus Algorithmen begann.

Sekunden wurden zu Minuten.

Plötzlich erschien im Hintergrundrauschen ein etwas hellerer Schimmer, minimal verschoben von der Position des Sterns. Dann noch einer. Und zwischen ihnen… ein winziger, unscheinbarer Fleck, kaum größer als ein Sensorfehler.

Leon hielt den Atem an. Er ließ die Software den Fleck über mehrere Aufnahmen hinweg verfolgen. Kein Dead-Pixel. Keine Störung. Das Ding bewegte sich, ganz leicht, in einem eleganten, gebogenen Bogen – als würde es um Miram kreisen.

Das… kann nicht dein Ernst sein“, flüsterte Leon.

Er drehte an den Reglern, verstärkte das Signal. Der Fleck wurde deutlicher. Nochmal ließ er das Sternenlicht subtrahieren, legte Filter übereinander, analysierte die Wellenlängen. Das reflektierte Licht besaß deutliche Absorptionslinien, die ihm schon im Studium das Herz hatten schneller schlagen lassen.

Sauerstoff. O₂. In nennenswerter Konzentration.

Leon starrte auf die Graphen, bis sie anfingen, vor seinen Augen zu verschwimmen.

Nein“, sagte er leise. „Nein, das gibt’s nicht. Nicht so… nicht so einfach.“

Aber die Daten änderten sich nicht, nur weil er sie anstarrte.

Der Planet, den die Software inzwischen automatisch als Objekt „XE-03-R0“ markiert hatte, schien eine dichte Atmosphäre zu besitzen, in der Licht im grünen Spektralbereich besonders stark reflektiert und gestreut wurde. Das machte ihn, in der künstlichen Farbzuordnung seines Bildschirms, wunderschön smaragdgrün.

Leon lehnte sich gegen den Tisch, schloss kurz die Augen, öffnete sie wieder.

X… E… ro“, murmelte er. „XEro. Das ist besser.“

Der Name blieb an ihm hängen, wie Sternenstaub an einem Raumanzug.


Drei Tage später stand Leon mit zitternden Händen vor einem holoprojektionsfähigen Konferenztisch auf dem Gelände des europäischen NASA-Partners. Die letzten 72 Stunden waren ein wilder Rausch aus Datensicherung, panischen Vergleichen, vorsichtigen E-Mails und dann sehr schnellen Antworten gewesen.

Jetzt schwebte das verzerrte Bild von Miram über der Tischplatte, das orange flackernde Licht wie eine künstliche Sonne in Miniatur. Daneben hing das verstärkte Bild von XEro, unscharf, aber deutlich genug, um einen kreisenden Punkt zu erkennen, von einem zarten grünen Schimmer umwoben.

Also gut, Dr. Hartmann“, sagte eine Stimme. „Führen Sie uns noch einmal durch Ihre Auswertung.“

Leon hob den Blick. Auf der anderen Seite des Tisches saß Director Alvarez von der NASA, daneben eine Delegierte der internationalen Raumfahrtagentur und mehrere wissenschaftliche Berater. Eine von ihnen, eine Frau mit dunklem Zopf und wachen Augen, hatte sich bereits bei der Vorbesprechung vorgestellt.

Dr. Aylin Navarro, Exobiologin.

Sie hatte ihm damals fest die Hand gegeben und gesagt: „Wenn das stimmt, was Sie entdeckt haben, schulde ich Ihnen einen Drink auf einem anderen Planeten.“

Der Satz ging ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf.

Er räusperte sich.

Wie Sie sehen,“ begann Leon, „zeigt Miram in den letzten Wochen eine leichte, aber klare Veränderung in der Strahlungsintensität und im Spektrum. Der Stern kühlt sich minimal ab, was zu einer Verschiebung hin zu längeren Wellenlängen führt – daher das deutlichere Orange.“

Er zoomte die Spektrallinien heran, ließ Diagramme aufleuchten.

Das allein wäre schon interessant, aber nicht ungewöhnlich. Entscheidend ist, was passiert, wenn wir das Licht des Sterns subtrahieren.“ Er ließ die entsprechenden Bilder nacheinander erscheinen. „Sie sehen hier das Residualbild. Dieses Objekt hier…“

Die Darstellung von XEro sprang in den Vordergrund.

„…bewegt sich konsistent auf einer Umlaufbahn um Miram. Die Spektralanalyse des reflektierten Lichts lässt darauf schließen, dass die Atmosphäre unter anderem molekularen Sauerstoff in relevanten Mengen enthält. Es gibt außerdem Anzeichen für Wasser in flüssiger Form – die genaue Verteilung ist unklar, aber die Signatur ist da.“

Aylin neigte den Kopf.

Und Sie sind sicher, dass wir nicht ein Artefakt sehen?“

Leon sah ihr in die Augen.

Ich habe die Analyse mit drei unabhängigen Softwarepaketen wiederholt, auf anderen Systemen, mit unterschiedlichen Kalibrierungen. Wenn es ein Fehler ist, dann hartnäckiger, als alles, was ich je gesehen habe.“

Director Alvarez verschränkte die Hände.

Und Ihre Schlussfolgerung?“

Leon atmete ein.

XEro liegt in einer Zone um Miram, in der – trotz der Größe des Sterns – zeitweise stabile Temperaturen herrschen können. Angesichts der Atmosphärenzusammensetzung ist es zumindest möglich, dass er Bedingungen bietet, die menschlichem Leben ähneln. Natürlich…“

Er lächelte kurz. „…gibt es nur einen Weg, das herauszufinden.“

Ein kurzes Schweigen folgte. Dann wechselten die Hologramme zu schematischen Darstellungen von Raumschiffen, Trajektorien, Energiekalkulationen. Man sprach von überlichtnahen Antrieben, von Raumfaltungstechnologie, von Relaispunkten, die seit Jahrzehnten im äußeren Sonnensystem errichtet wurden. Die Dinge, von denen Leon als Kind geträumt hatte, waren inzwischen real.

Wir stehen kurz vor der finalen Testphase unserer Langstreckenmissionen“, sagte Alvarez. „Wir hatten vor, sie in ein leeres System zu schicken. Aber…“

Er deutete auf XEro.

„…vielleicht ist es Zeit, mutig zu sein.“

Aylin lächelte schief.

Mutig oder wahnsinnig“, murmelte sie. „Aber ich habe schon schlimmere Entscheidungen gesehen.“

Sie wandte sich an Leon.

Dr. Hartmann, wir brauchen jemanden, der diesen Stern und seinen Planeten so gut kennt wie Sie. Wir brauchen außerdem Augen an Bord, die nicht nur Messwerte sehen, sondern auch… Zusammenhänge. Und ja, Fotografen. Wären Sie bereit, mitzukommen?“

Leons Herzschlag dröhnte so laut in seinen Ohren, dass er seine eigene Stimme kaum hörte.

Sie fragen mich, ob ich… ob ich mitfliegen will? Zu meinem eigenen Fund?“

Es wäre,“ sagte Alvarez trocken, „eine sinnvolle Zuteilung von Ressourcen.“

Aylin verdrehte die Augen.

Er meint: Ja.“

Leon lachte leise, unsicher, überrascht von der Wärme, die ihn überflutete.

Dann ist meine Antwort auch einfach“, sagte er. „Ja.“


Das Raumschiff Daedalus II sah von innen weniger futuristisch aus, als Leon es sich in seiner Kindheit vorgestellt hatte. Es war ein funktionales Labyrinth aus Gängen, Kuppeln, Modulen, transparenten Displays und grauen Paneelen, durchzogen von weichem Kunstlicht. Der Blick nach draußen, durch die Beobachtungskuppel, war hingegen alles, was er sich erträumt hatte: ein endloses Feld aus Sternen, manche als schmale Spektrallinien dargestellt, mit Daten und Beschriftungen.

Leon schwebte in der leichten künstlichen Schwerkraft der Rotationssektion und justierte seine Kamera an der Panoramascheibe. Die Sterne standen still – natürlich nur scheinbar. Das Raumschiff war längst schneller als jedes Objekt, mit dem er je verglichen hatte, aber ohne Bezugspunkt war Bewegung bedeutungslos.

Wenn du noch näher ans Glas gehst, küsst du es gleich“, sagte eine Stimme hinter ihm.

Leon drehte sich. Mei Tanaka, Kommandantin der Daedalus II, steuerte mit einer lässigen Handbewegung vorbei und blieb neben ihm stehen. Ihre kurzen, schwarzen Haare klebten leicht an der Stirn, und das Emblem der Mission glänzte an ihrer Schulter.

Ich hab gehört, du bist derjenige, der uns den Urlaubsspot ausgesucht hat“, fuhr sie fort und grinste. „XEro, hm? Klingt wie eine Zahnpastamarke.“

Immerhin nicht wie ein Desinfektionsmittel“, gab Leon zurück. „Das war die Alternative.“

Mei lachte.

Na, dann danke im Namen der Crew.“

Er mochte ihre Art. Direkt, ironisch, aber mit einem Blick, der ständig alles analysierte. Pilotin, Ingenieurin, Kommandantin – sie war gewöhnt, Entscheidungen zu treffen, während andere noch diskutierten.

Aylin stieß sich von einer Haltestange ab und glitt zu ihnen hinüber.

Ihr zwei flüstert hoffentlich nichts Geheimes aus diplomatischen Verhandlungen“, sagte sie. „Ich muss meine Pflanzen vorbereiten. Wenn dein grüner Traumplanet keine eigenen brauchbaren Proben hergibt, werde ich sehr beleidigt sein, Leon.“

Wenn er das nicht tut“, erwiderte Leon, „schreibe ich dir ein persönliches Entschuldigungsgedicht.“

Deal“, sagte Aylin. „Aber nur, wenn du es mit einem Fotoalbum kombinierst.“

Mei schnaubte.

Ihr zwei vergesst vielleicht, dass wir erst noch ankommen müssen. In drei Stunden tauchen wir aus der Faltungsphase auf. Ab da wird’s spannend.“

Leon nickte und drehte sich wieder zum Fenster. Er fragte sich, wie es sein würde, einen Stern zu sehen, den er bisher nur als Datenpaket gekannt hatte.


Das Ende der Raumfaltung war realer, als Leon gedacht hatte. Es war kein Hollywoodblitz, sondern eher ein subtiler Ruck, ein kurzes Ziehen in der Magengegend, ein flackerndes Zittern der Anzeigen. Dann beruhigte sich alles, und plötzlich war der Stern vor ihnen größer, heller, näher.

Miram.

Auf den Hauptbildschirmen erschien ein gigantischer, orange leuchtender Ball, dessen Oberfläche in trägen, brodelnden Mustern pulsierte. Eruptionen zogen wie glühende Narben über seine Photosphäre. Leon spürte, wie seine Finger sich an der Konsole verkrampften.

Da ist er“, sagte er leise. „Und wir… wir sind wirklich hier.“

Die Sensoren fuhren hoch. Datenströme überlagerten das Bild, rechneten Strahlung, Entfernung, Plasmaflüsse.

Strahlungswerte innerhalb der erwarteten Toleranz“, meldete jemand im Hintergrund.

Aylin stand neben ihm, den Blick auf das Display geheftet.

Er sieht… älter aus, als ich ihn mir vorgestellt habe“, sagte sie. „Müde.“

Er ist ein Überriese“, murmelte Leon. „Sie altern dramatisch.“

Mei tippte Befehle in die Steuerkonsole.

Und da“, sagte sie. „Unsere eigentliche Adresse.“

Das Bild zoomte. Die Sensoren filterten das grelle Licht des Sterns heraus. Stück für Stück trat ein kleines, rundes Objekt hervor, nur ein Punkt, der langsam wuchs.

XEro.

Er war tatsächlich grün. Nicht gleichmäßig, eher wie eine zu drei Vierteln bewachsene Kugel. Dunkle Ozeane zogen sich wie tiefe Narben durch die Oberfläche, unterbrochen von helleren, fast weißen Flecken – vielleicht Wolkenbänder oder Eisfelder.

Atmosphärendaten?“ fragte Mei.

Druck: knapp über dem irdischen Mittelwert“, antwortete eine Stimme aus dem Wissenschaftspanel. „Sauerstoff bei etwa 22 Prozent, Stickstoff dominiert. Spuren von Edelgasen, etwas höherer CO₂-Anteil als auf der Erde. Temperatur im Bereich zwischen minus zehn und plus dreißig Grad, je nach Region. Wir haben Wetter, wir haben Wasser, wir haben…“

Die Stimme brach vor Staunen ab.

„…wir haben ein stabiles Magnetfeld, das die Sternenwinde ablenkt.“

Aylin schloss kurz die Augen.

Das ist… das ist Wahnsinn.“

Leon fühlte, wie sich ihm ein Kloß im Hals bildete.

Willkommen auf XEro“, sagte er leise.


Der Abstieg durch Xeros Atmosphäre war holperiger als geplant. Turbulenzen schüttelten das Landemodul, die Anzeigen flackerten, und draußen rauschte grünlich schimmernder Nebel vorbei. Das Licht von Miram brach sich im dichten Dunst und legte alles in ein seltsames, bernsteinfarbenes Halbdunkel.

Ich dachte, du hast gesagt, das Wetter sei ‚moderat‘“, rief Mei gegen das Dröhnen an.

War es auch“, rief Leon zurück und klammerte sich an seine Haltegriffe. „Bevor wir eingetreten sind.“

Aylin grinste, so gut man das in der engen Helmvorrichtung sehen konnte.

Vielleicht fühlt sich der Planet nur geschmeichelt und versucht, Eindruck zu machen.“

Ein heftiger Ruck unterbrach die Scherze. Die Dämpfungssysteme sprangen an, die Schwerkraft schwankte kurz. Dann wurde aus dem Dröhnen ein gedämpftes Brummen, die Geschwindigkeit nahm ab, und unter ihnen tauchten Strukturen im Nebel auf.

Wir gehen durch eine tiefe Wolkenschicht“, meldete Mei. „Haltet euch bereit.“

Als sie durchbrachen, entfuhr Leon ein Laut, der irgendwo zwischen Lachen und Staunen lag.

Unter ihnen lag eine Landschaft, wie er sie noch nie gesehen hatte.

XEro war grün, aber nicht einfach grün. Die Vegetation bestand aus hohen, säulenartigen Gewächsen, deren Stämme fast durchsichtig wirkten. In ihnen pulsierte ein schwaches, türkisfarbenes Leuchten, das auf biolumineszente Stoffwechselvorgänge hindeutete. Zwischen den Säulen wuchsen breite, schalenförmige Blätter, die in der diffusen Atmosphäre schimmerten wie Öl auf Wasser. Der Boden war mit weichem, moosartigem Bewuchs bedeckt, der bei jeder Luftbewegung scheinbar stumm atmete.

In der Ferne glitzerte ein Ozean, dunkel und tief, über dem sich schwebende Strukturen bewegten – wolkenartige Ansammlungen, die aber bei genauerem Hinsehen aus Milliarden von winzigen Partikeln bestanden, die das Licht von Miram streuten. Sie sahen aus wie fliegende, horizontale Polarlichter.

Bitte sag mir, dass ich nicht träume“, flüsterte Aylin.

Wenn du träumst“, antwortete Leon, „träume ich den gleichen Traum.“

Sie setzten auf einer flachen, von niedrigen Pflanzen bedeckten Ebene auf. Das Modul federte, kam zur Ruhe. Einen Moment lang war es still.

Atmosphärencheck“, sagte Mei. „Endgültige Werte?“

Sauerstoff stabil, keine unmittelbaren toxischen Stoffe in hoher Konzentration“, kam die Antwort aus der Zentrale. „Wir empfehlen trotzdem die Anzüge mit Filtern, bis wir mehr wissen.“

Mei nickte.

In Ordnung. Team Alpha, ihr kommt mit mir. Hartmann, Navarro, ihr seid dabei. Wir schauen uns unseren neuen Garten Eden an.“

Leon spürte, wie sein Puls schneller wurde, als sich die Luke öffnete. Ein warmer, leicht feuchter Hauch strich in die Schleuse, gefiltert, analysiert. Die Anzeigen blieben grün.

Auf geht’s“, sagte Mei.

Sie traten hinaus.

Der Boden fühlte sich federnd an, fast lebendig. Bei jedem Schritt gaben die moosartigen Strukturen ein kaum hörbares Knistern von sich, als würden mikroskopische Bläschen platzen. Die Luft war voller feiner Partikel, die in der Sonne glitzerten, doch Leons Helmfilter blockierte das meiste.

Der Himmel hatte eine seltsame Farbe – kein klares Blau, sondern ein grünliches Grau mit sanften, perlmutartigen Streifen. Miram stand als riesige, orange Scheibe tiefer am Horizont, größer als die irdische Sonne, aber durch die dichte Atmosphäre weich gezeichnet. Zwei kleine Monde hingen wie blasse, milchige Flecken darüber.

Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal unter einem grünen Himmel spazieren gehe“, sagte Leon leise.

Aylin kniete neben einer der grünlich leuchtenden Säulen nieder und ließ einen Scanner über ihre Oberfläche gleiten.

Das hier ist… unglaublich. Die Stämme sind hohl, gefüllt mit einer Flüssigkeit, die lichtempfindliche Proteine enthält. Sie speichern das Licht von Miram tagsüber und geben es nachts wieder ab. Eine Art lebender Akku.“

Sie grinste in ihre Helmcam.

XEro ist ein biolumineszentes Paradies.“

Mei sah zu einer der schalenförmigen Pflanzen hinüber, die sich langsam zu ihnen drehten, als würden sie ihre Anwesenheit bemerken.

Hoffen wir, dass es uns nicht frisst“, meinte sie trocken.

Leon machte seine ersten Panoramafotos. Jede Aufnahme war ein erhöter Herzschlag, eine Mischung aus technischer Perfektion und emotionalem Höhenflug. Hier war er, auf einem Planeten, den er in einer schlaflosen Nacht auf einem Bildschirm entdeckt hatte. Und jetzt stand er mitten in einem Wald aus lebenden leuchtenden Pflanzenstämmen, unter dem Alten Licht von Miram.


In den ersten Wochen etablierten sie ein provisorisches Lager, dann eine Basis, dann etwas, das man vorsichtig „Kolonie“ nennen konnte. Die Luft erwies sich als langfristig atembar, die Mikroorganismen waren zwar zahlreich, aber in ihrer biochemischen Struktur so anders, dass sie den menschlichen Körper kaum beeinflussten. Mit der Zeit wagten sie, die Helme abzunehmen, zunächst nur in geschützten Zonen, dann auch im Freien.

Riechst du das?“ fragte Aylin eines Abends, als sie neben Leon auf einer Kiste saß und in den fremden Sonnenuntergang blickte.

Leon atmete tief ein. Die Luft roch nach feuchtem Stein, nach etwas Harzigem und zugleich nach einer leichten metallischen Note, die er nicht einordnen konnte.

Wie ein Gewächshaus im Frühling“, sagte er schließlich. „Nur… älter.“

Aylin lächelte.

Ich hätte eher ‚wie das Innere eines Aquariums‘ gesagt. Aber ja.“

Vor ihnen erstreckte sich der glasige Wald, dessen Stämme langsam zu leuchten begannen. Wenn Miram hinter dem Horizont versank, übernahm XEro selbst die Aufgabe der Beleuchtung. Die Säulen blühten in türkis, die schalenförmigen Blätter glommen in einem weichen Violett, und der Boden schimmerte in tausend winzigen Funken. Der Himmel darüber war tiefgrün und durchzogen von weißlichen, spiralförmigen Wolkenbändern, die langsam rotierten.

Weißt du, was das Verrückteste ist?“ fragte Leon.

Dass wir hier sitzen, ohne zu ersticken?“

Nein.“ Er lachte. „Dass dieser Anblick auf Fotos niemals so aussehen wird, wie in echt. Egal, wie gut meine Kameras sind.“

Aylin stupste ihn mit der Schulter an.

Also, für jemanden, der professionell fotografiert, ist das eine ziemlich defätistische Einstellung.“

Realistisch“, entgegnete er. „Aber ich werde es versuchen.“


Die spannendste Anekdote ihrer Anfangszeit auf XEro begann mit etwas scheinbar Harmlosen: Regen.

Sie waren gerade dabei, die ersten Module eines Gewächshauses aufzubauen, als der Himmel sich ohne Vorwarnung verdunkelte. Die perlmutartigen Streifen zogen sich zusammen, formten einen dichten, brodelnden Teppich, der sich mit ungewöhnlicher Geschwindigkeit näherte.

Wir haben Niederschlag im Anflug“, meldete die Wetterstation. „Unbekannte Partikelstruktur.“

Mei stand auf der provisorischen Plattform, die als Aussicht und Kommandozentrale diente, und blickte zum Himmel.

Sieht nach einem normalen Sturm aus“, sagte sie.

Aylin kniff die Augen zusammen.

Auf einem normalen Planeten vielleicht. Hier wäre ich vorsichtig.“

Der Regen setzte ein wie ein Vorhang. Doch statt klarer Tropfen fiel eine Art glitzernder, zäher Fäden vom Himmel, die in der Luft langsam zerflossen und dabei Licht reflektierten. Wo sie den Boden berührten, begannen die moosartigen Strukturen darunter sofort zu pulsieren.

Leon streckte reflexhaft eine Hand aus, stoppte aber, bevor er die Fäden berühren konnte.

Ist das… lebendig?“

Aylin hielt ihm ihr Analysengerät hin.

Gefällt mir gar nicht“, murmelte sie. „Die Fäden bestehen aus Proteinketten, die sich in Kontakt mit organischem Material umstrukturieren. Wenn das auf unsere Haut kommt, könnte das…“

Sie beendete den Satz nicht.

Mei aktivierte den Funk.

Alle nach drinnen. Sofort. Wir schließen die äußeren Schleusen. Navarro, Hartmann, ihr kommt jetzt.“

Sie rannten. Der Regen wurde dichter, verwandelte die Luft in ein Netz aus glitzerndem, klebrigem Licht. Einige Fäden verfingen sich an den Glasstämmen, krochen daran hinunter und wurden von der Flüssigkeit im Inneren aufgesogen. Die Stämme leuchteten heller.

Es ist wie eine Nährstoffdusche“, keuchte Aylin, während sie zur Basis zurücksprangen. „Der Planet füttert seinen Wald.“

Und wir wollen nicht auf der Speisekarte landen“, fügte Leon hinzu.

Sie erreichten die Schleuse, die hinter ihnen zischend schloss. Durch das transparente Material sahen sie, wie der Regen dichter wurde. Einige Fäden klebten an den Außenwänden, liefen langsam nach unten und hinterließen fluoreszierende Spuren.

Anzüge checken“, befahl Mei. „Irgendwelche Treffer?“

Sensoranzeigen blinkten auf.

Ich habe Kontakt an der rechten Schulter“, sagte Aylin. „Aber der Schutzmantel hat gehalten. Keine Strukturveränderung darunter.“

Leon prüfte seine Daten.

Bei mir nichts“, sagte er. „Aber wir sollten die Anzüge trotzdem dekontaminieren.“

Sie taten es – und stellten fest, dass selbst die künstlichen Materialien mit den Proteinstrukturen reagierten, wenn auch schwach. Kleine, glitzernde Flecken blieben zurück, bis sie sie mit Wasser entfernten.

Der Regen dauerte mehrere Stunden. Als er schließlich nachließ, traten sie vorsichtig wieder nach draußen.

Die Welt hatte sich verändert.

Der grüne Wald leuchtete nun in einem viel intensiveren Spektrum, die Farben hatten sich verschoben. An den schalenförmigen Blättern hingen kleine, lichtdurchlässige Kugeln, die vorher nicht da gewesen waren. Einige schwebten frei in der Luft, gehüllt in hauchdünne, fast unsichtbare Membranen.

Sind das… Samen?“ fragte Leon.

Aylin trat näher und ließ eine der schwebenden Kugeln sanft an die Oberfläche ihres Handschuhs stoßen. Sie glühte kurz auf, driftete dann weiter.

Eher… Sporenkapseln“, sagte sie. „Eine Art Verbreitungsmechanismus. Der Regen bringt die Nährstoffe, die Pflanzen produzieren Sporen und schicken sie in die Luft. Ein geschlossener, extrem effizienter Kreislauf.“

Mei verschränkte die Arme.

Und wir mittendrin.“

In den folgenden Tagen bemerkten sie, dass die Sporenkapseln überall waren: in der Luft, auf den Oberflächen, in den Ritzen des Gesteins. Sie schienen harmlos, solange sie kein geeignetes Substrat fanden – aber als sie begannen, ein Wasseraufbereitungsmodul mit ungefiltertem Oberflächenwasser zu betreiben, bemerkten sie, dass sich in den Tanks langsam ein schimmernder Belag bildete.

Das ist nicht gut“, sagte Mei, als sie am Rand eines Tanks stand und in das grünlich schimmernde Wasser blickte.

Die Sporen siedeln sich überall an, wo genügend Nährstoffe vorhanden sind“, erklärte Aylin. „Wenn sie unser Filtersystem überwuchern, war’s das mit sauberem Trinkwasser.“

Leon dachte nach.

Was wäre, wenn wir… sie umleiten?“ fragte er. „Wir können ihnen ein besseres Zuhause anbieten.“

Du willst den Aliens ein Luxusapartment bauen?“ Mei hob eine Augenbraue.

Im Prinzip ja“, sagte Leon. „Ein separates Becken, voll mit Nährstoffen, gut beleuchtet, direkt an der Außenwand. Wenn wir es clever machen, ziehen wir die Sporen magisch an, und unsere echten Wassersysteme bleiben verschont.“

Aylin dachte nach, dann grinste sie.

Ein biologischer Köder. Eine Futterstation. Mir gefällt, wie du denkst.“

Sie arbeiteten zwei Tage lang durch, modifizierten die Module, verlegten Leitungen, programmierten Sensoren. Leon fotografierte den Prozess, hielt jeden Schritt fest, nicht nur als Dokumentation, sondern auch als fortlaufende Geschichte, die er eines Tages jemandem würde erzählen wollen.

Als sie das „Luxusbecken“ – so nannten sie es bald – in Betrieb nahmen, geschah tatsächlich etwas Erstaunliches: Die Sporenkapseln begannen, sich bevorzugt dort anzusammeln. Der schimmernde Belag wurde im Köderbecken dicker, während die Wasseraufbereitungssysteme deutlich sauberer blieben.

Wir haben unseren ersten Deal mit XEro geschlossen“, sagte Mei zufrieden. „Wir geben ihm einen Pool, er lässt uns leben.“

Aylin lachte.

Diplomatie auf mikrobiologischem Niveau.“

Leon sah durch das Sichtfenster des Köderbeckens auf den langsam wachsenden, leuchtenden Belag.

Vielleicht“, sagte er leise, „ist das die erste Form von Landwirtschaft auf einem fremden Planeten.“


Mit der Zeit wuchs die Kolonie. Weitere Schiffe trafen ein, brachten Module, Maschinen, Werkzeuge – und Menschen. Leon stand eines Tages auf dem neu errichteten Aussichtsdeck eines Wohnmoduls, als ein Shuttle der dritten Familienwelle landete. Die Luke öffnete sich, und aus der Reihe der Aussteigenden lösten sich zwei vertraute Gesichter.

Seine Schwester Jana und ihr Sohn Tim.

Onkel Leo!“ rief der Junge, noch bevor sein Helm richtig verriegelt war. „Bist du das wirklich?“

Leon lachte, ein Lachen, das ihm dieses Mal nicht vor Überraschung im Hals stecken blieb, sondern frei hinausrollte.

Wer sonst?“ rief er und breitete die Arme aus, so weit es der Anzug zuließ. „Willkommen auf XEro.“

Jana umarmte ihn, so gut es die sperrige Ausrüstung erlaubte.

Ich kann immer noch nicht glauben, dass du uns wirklich hergeholt hast“, murmelte sie. „Ein neuer Planet. Luft, Wasser, Boden, alles neu. Glaubst du, wir werden hier glücklich?“

Leon blickte über ihre Schulter hinweg auf den leuchtenden Wald, der in der Abenddämmerung glühte. Die Sporenregen hatten sie gelernt zu handhaben, die Pflanzenarten bekamen Namen, die ersten Tierwesen waren aufgetaucht – kleine, schwebende, quallenartige Organismen, die das biolumineszente Licht in ihren Körpern speicherten und nachts als fliegende Lampions durch die Luft zogen. Wenn sie in Schwärmen kamen, sah der Himmel aus, als hätte jemand die Sterne herabgeholt.

Aylin trat zu ihnen, schwang ein Datenpad in der Hand.

Wir haben heute wieder eine neue Art katalogisiert“, sagte sie. „Ein kriechendes Gewächs mit Blättern, die auf Geräusche reagieren. Wenn man klatscht, rollen sie sich zusammen.“

Tim riss die Augen auf.

Echt?! Können wir sie sehen?“

Langsam, Cowboy“, sagte Mei, die ebenfalls dazu stieß. „Zuerst lernst du, wie man seinen Anzug richtig schließt, bevor du mit den Pflanzen spielen gehst.“

Leon sah sie alle an – Aylin, mit leuchtenden Augen, Mei, mit dem gewohnten Mix aus Ernst und Humor, Jana, die nervös, aber neugierig war, und Tim, dessen Begeisterung keine Grenzen kannte.

Er atmete die Luft ein, die inzwischen nur noch selten gefiltert wurde. Sie schmeckte vertrauter als am ersten Tag, weil sich seine Erinnerungen daran gebunden hatten.

Ja“, sagte er schließlich und legte eine Hand auf Janas Schulter. „Ich glaube, wir werden hier glücklich.“

Jana sah ihn an.

Weißt du“, sagte sie, „Mama hätte dich für komplett verrückt erklärt. Aber sie wäre stolz gewesen.“

Leon blickte zu Miram, der über dem Horizont stand, noch immer orange, ein wenig müde, aber mit einem ruhigen, gleichmäßigen Licht.

Vielleicht“, sagte er leise, „hat er uns genauso verrückt gefunden. Ein winziges Wesen, das ihn aus tausend Lichtjahren Entfernung beobachtet. Und trotzdem… hat er uns hierher geführt.“

Aylin trat neben ihn.

Er hat gar nichts geführt“, widersprach sie sanft. „Das warst du. Du hast den Blick nicht abgewendet, als alle anderen schon schlafen gegangen sind.“

Mei nickte.

Und du bist mitgeflogen. Das war nicht nur Wissenschaft, Leon. Das war Mut.“

Leon schwieg einen Moment, weil er nicht wusste, was er darauf sagen sollte. Dann hob er seine Kamera, die inzwischen ständig an einem Karabiner an seinem Anzug hing.

Dann lasst uns das festhalten“, sagte er. „Für uns, für die, die noch kommen, und für den Fall, dass irgendjemand in tausend Jahren wissen will, wie alles angefangen hat.“

Er löste die Sicherung, stellte scharf.

Vor ihm stand eine kleine Gruppe Menschen im Licht eines fremden Sterns, umgeben von Pflanzen aus lebendem Glas, unter einem grünlichen Himmel, über dem zwei Monde und ein Schwarm leuchtender, schwebender Wesen hingen. Hinter ihnen erhoben sich die ersten dauerhaften Gebäude der Kolonie – unscheinbar, noch provisorisch, aber echt.

Lächeln“, sagte Leon.

Tim streckte beide Daumen in die Höhe, Jana legte den Arm um ihren Sohn, Aylin hielt ihr Datenpad hoch wie eine Fahne, Mei verschränkte die Arme und grinste breit.

In diesem Moment, als der Verschluss klickte, wurde ihm klar, dass die Nacht auf dem Dach seiner alten Wohnung in weiter Ferne lag – aber doch immer mit diesem Augenblick verbunden war.

Die Geschichte von XEro, dem grünen Planeten im Miram-System, war längst nicht zu Ende. Ihre Sporenregen, ihre leuchtenden Wälder, ihre noch unbekannten Tiere und Mikroben würden ihnen noch viele Rätsel aufgeben. Vielleicht würden sie eines Tages entdecken, dass sie nicht die ersten Intelligenten waren, die diesen Boden betreten hatten. Vielleicht würden sie sich irren, Fehler machen, Gefahren unterschätzen.

Aber jetzt, in dieser Stunde, war der neue Himmel nicht bedrohlich, sondern voller Versprechen.

Weißt du, was das Schönste ist?“ fragte Aylin leise, als Leon die Kamera senkte.

Was denn?“

Dass wir nicht geflohen sind, weil die Erde unbewohnbar wurde“, sagte sie. „Wir sind gekommen, weil wir neugierig waren. Weil du in einer klaren Nacht nach oben gesehen und etwas gesehen hast, das andere übersehen haben. XEro ist nicht unser Notfallplan. Er ist unser Abenteuer.“


Leon lächelte. Miram stand hoch am Himmel und blinkte leicht, als würde der alte Stern ihnen zuzwinkern.

Dann“, sagte Leon, „auf viele weitere Nächte voller Abenteuer.“

Und während die Kolonie sich langsam in das Leben auf XEro einfügte, lernte der Planet, ihre Schritte zu akzeptieren – so wie sie lernten, seinem Herzschlag zu lauschen.


In den weiteren 2 Jahren auf XEros 03 unterzogen sich alle der Kolonie angehörigen Menschen einem Anpassungsplan. Sie entnahmen dem Planeten die Sporen welche dort in der Luft drin vorkamen und setzten sich diesen Sporen in einem kontrollierten Rahmen regelmäßig aus, bis Ihr Körper eigenes Immunsystem mit allen erwägbaren Besonderheiten dieser XEros 03 Luft Partikeln und Sporen zurecht kam. Es gab eine Biologin welche dieses Anpassungs- Projekt steuerte und betreute. Sie hatte anhand von Tests zu Beginn der Zeit auf XEros herausgefunden, dass eine Anpassung des Menschen an die Gegebenheiten auf diesem Planeten möglich ist.

So wurde es dann auch 2 Jahre später wahr. Die ersten menschlichen Siedler auf XEros 03 konnten Ihre Stationen und Wohneinheiten auch ohne Helm und Luftfilter und ohne Anzug verlassen und frei atmen auf dem Planeten. Es gab ca 1% der angepassten Menschen die ab und zu erkrankten an einer Art Schnupfen mit Husten, welcher die Schleimbildung im Körper verstärkte, doch bei 99% gelang die Anpassung perfekt ohne Einschränkungen. Auch die 1% der Menschen mit der Schnupfen Schwäche fanden nach und nach heraus, wie Sie komplett ohne erneute Krankheits-Symptome leben konnten. Sie brauchten nur 2 maliges Durchleiden der Schnupfen Phase bis sie auch komplett Immun waren. Ab dem 3. Jahr wurde auf XEros auch die Fortpflanzung erlaubt und das erstaunliche: Die neuen auf XEros 03 geborenen Menschen waren schon von Geburt an immun gegen alle Sporen und Partikel auf dem neuen Planeten und so kam es, dass das Projekt im 4. Jahr nach der Ankunft als voller Erfolg gewertet wurde. Inzwischen gab es regelmäßig einmal im Monat Shuttle Besucher von der Erde und ein Teil der Besucher wurden zu Neubürgern auf XEros 03. Sie hatten dasselbe Anpassung Programm zu durchlaufen in den ersten 2 Jahren. Die Poppulation auf XEros wuchs so durch die Neuankömmlinge von der Erde und die hier geborenen Ureinwohner von XEros 03. Nach 7 Jahren gab es einen Siedlungs - Stopp der Regierung um die Überschaubarkeit und Einzigartigkeit des Planeten XEros 03 erhaltend sicher zustellen. Man wollte hier nicht dieselben Fehler wie auf der Erde erneut machen, weder in der Überbevölkerung noch in der fehlerhaften Energie Nutzung zulasten der Menschen. Es durften von Beginn an nur Erneuerbare Energien genutzt werden auf XEros 03 und die Bevölkerungsdichte und Poppulationsgröße wurde auf ein Optimum, welches auch gut mit Nahrung versorgbar war, begrenzt.


Fotomaterial mit Eindrücken von Xeros 03: