Sie lag morgens auf dem Sofa, hatte Rückenschmerzen, Kopfweh und stöhnte.
Es fühlte sich so an als wäre ihr jetzt alles egal.
Ihre Freundin hatte gekündigt, die Liebe war futsch, das Geld auch.
Alles lief anders als erhofft.
Auch die neue Wohnung, die sie in Aussicht hatte war plötzlich völlig irrelevant.
Es fühle sich so an als würde Sie Abschied nehmen vom Leben.
Jetzt schon morgens wieder einen Schnaps? Wäre das die geeignete Lösung?
Dazu eine Orange mit viel Vitaminen und Sexappeal? Ein Hoffnungsfunke wie ein orales Highlight in der Einsamkeits-Nummer hier?
Sie dängelte sich durch Ihre Handy Video Clips im Newsfeed bei Instagram, mit Sehnsucht und Neid mit Wut, Hass und Reue.
Dann raffte sie sich auf um raus zugehen.
Sie verließ das Haus unter Stöhnen und Missbehagen -
schlurft zum Auto, steigt ein und fährt los.
Wie eine Fahrt raus aus der eigenen Hölle, raus aus der Selbstverstrickung aller Gefühle wegen nie möglich gewesener Träume, die zerplatzten und nur ein Meer von Enttäuschungen und Hoffnungslosigkeit zurückließen.
Sie hatte große Lust einfach dem nächst Besten der Ihr in den Weg käme zuzurufen: „Ich hasse dich“ nur um dieses Gefühl los zu werden und zu entäußern.
Sie hatte eine unbestimmte Wut und einen Hass auf irgendwen, den Sie gar nicht genauer verifizieren konnte. Sie wußte nur, dass es anderen an Ihrer Stelle ebenso gegangen wäre, dass Sie plötzlich hasserfüllt werden würden.
Sie fährt also die Einfahrt hoch und biegt ein in die Hauptstraße.
Schon als Sie aus dem Ort raus kommt scheint sich die Luft sich zu bessern.
Sie wird irgendwie dünner und freier. Sie gibt Gas und nimmt ein paar Kilometer Distanz zu Ihrer Behausung.
Dann kommt Sie an im Nachbarort. Steigt aus und geht in die Bäckerei.
Ihr Gruß fällt heute gelangweilt und knapper aus als sonst, doch Sie versucht Ihre wahren Gefühle zu verbergen.
Sie bestellt die Zeitung, einen Kaffee und ein belegtes Brötchen.
Beim Zahlen gelingt Ihr ein kleiner Scherz: Sie legt 20 Euro auf den Tresen und sagt zur Kassiererin: „20 Millionen für dich und 4 Millionen zurück für mich“
Wir lachen daraufhin beide und plötzlich ist wieder etwas gute Laune in Sicht.
Es kommen weitere Gäste und zwei die im Kaffee dasitzen und einen Kaffee schlürfen bei der Brotzeit.
Es sind zwei Handwerker. Ich bekomme fast einen Ständer als ich deren Kluft sehe, bestückt mit Werkzeugen und einem Maßband das aus der Tasche schaut. Echte Kerle eben, von der Sorte, die wissen wie was funktioniert.
Ich nehme meine Einkäufe und verkrühmel mich durch die Hintertür.
Eigentlich wäre ich gerne noch länger geblieben, weil bei euch war es schöner als bei mir alleine davor, doch wer weiß, wer sonst noch alles wieder auftaucht und rein quatscht, um selbst das letzte Quäntchen Glück zu verhindern.
Also öffne ich gewohnheitsgemäß die Türe und verdufte.
Draußen parkt mein Wagen. Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass ich den jetzt hier habe. Steige ein und drinnen angekommen beiße ich erst einmal herzhaft in mein belegtes Brötchen. Es ist ein Brötchen mit Frikadelle und Majonäse. Es fühlt sich so an als wäre es ein versautes Brötchen, so als wäre es etwas verrucht jetzt Hackfleisch im Brötchen mit Majonäse und Salat und Gurke zu essen, aber es tut unheimlich gut bei jedem Bissen.
Vor mir steht ein Mann am Geldautomaten und holt sich Bargeld. Er grinst mich kurz an und ich freue mich, dass noch jemand in der Nähe ist während ich so saumäßig Hunger habe auf Fleisch.
Dann fahre ich los auf und davon. Ich würde jetzt irgendwohin ins Nirgendwo fahren, doch statt dessen fahre ich nur bis zum Baggersee und stelle mich dort auf den einsamen Parkplatz um die Bildzeitung im Auto zu lesen.
Das Auto wird plötzlich zu meinem Wohnzimmer -
Heut ist die Bildzeitung genau mein Niveau. Große Bilder, fette Überschriften. Gott sei dank kann ich mich schon wieder über andere Freuen und so wird die letzte Seite mit den Stars und Sternchen dieses mal mit dem Thema Politiker und wer für wieviel Budget geschminkt wurde 2022 zur erheiternden Freude. Jeder Euro der dort ausgegeben wird freut mich heimlich, bei gleichzeitiger Genugtuung, dass ich auch ohne ausgekommen bin bisher.
Wieviel für die Schminke bei Merkel ausgegeben wurde bleibt ein Geheimnis. Das ist schön. Es darf noch Geheimbisse geben bei der Ex Bundeskanzlerin, das finde ich irgendwie beruhigend.
Dann plötzlich wieder glücklich und zufrieden und dankbar fahre ich wieder zurück zu meiner Wohnung. Fast habe ich Freudentränen in den Augen wenn ich zurück denke an die Zeit vor 1999 als Dagmar Berghoff Tagesschau Sprecherin war. Sie feiert heute ihren 80.
Ich gratuliere innerlich artig und zolle großen Respekt für 23 Jahre bei der Tagesschau und 80 Jahre Lebensleistung. Sie hatte es damals in meiner Jugend immer verstanden, schreckliche Nachrichten aus aller Welt so rüber zu bringen, dass ein bisschen Trost dennoch möglich war. So als wäre sie die Mutter der Nation, die den Kindern dann noch mal gut zuredet bevor die ins Bett gehen. Schöne Idee Ihr via Bild mit netten Erinnerungen an Sie zum Geburtstag zu gratulieren.
Danke Bild, Danke Dagmar Berghoff und alles Gute zum 80.
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